Die meisten gesetzlichen Erben, die im Testament nicht bedacht werden, wissen von einem Anspruch auf den Pflichtteil. Dabei handelt es sich um einen Zahlungsanspruch des Pflichtteilsberechtigten gegen den oder die Erben. Pflichtteilsberechtigt sind die gesetzlichen Erben, die vom Erblasser durch eine Verfügung des Erlassers (Testament oder z.B. Schenkung vor dem Erbfall) vom Erbe ausgeschlossen wurden, also
in erster Linie Nachkommen des Erblassers (Kinder, Enkel, Urenkel), aber auch Eltern oder Ehepartner des Erblassers.
In meiner Beratungspraxis kommt es nicht selten vor, dass Testamente kurz vor dem Erbfall neu gestaltet werden und eine jahrelang als sicher scheinende Gewissheit für eine erbrechtliche Ordnung des Nachlass sich kurz nach dem Erbfall als trügerisch erweisen.
Wenn Familien nicht mehr in drei Generationen in einem Haus oder an einem Ort wohnen, familiäre Kontakte über größere Entfernungen nur per Telefon oder per Brief oder E-Mail aufrechterhalten werden können, wobei auch die gegenwärtige Pandemie mit ihren Reise- und Kontaktbeschränkungen beiträgt, kann es zu einer Entfremdung und zu einer neuen Knüpfung von engeren Kontakten im ortsnahen Umfeld, etwa zu Mitarbeitern von Pflegediensten oder Pflegeheimen kommen. Diese neu geknüpften persönlichen Beziehungen können den geschäftsfähigen Erblasser im Rahmen seiner Testierfreiheit veranlassen, seine Nachkommen oder sonstigen gesetzlichen Erben ganz oder teilweise zu enterben.
Von der Frist von 10 Jahren und von der gesetzlichen Regelung, dass kurz vor dem Erbfall durchgeführte Schenkungen den Pflichtteilsanspruch durch einen Pflichtteilsergänzungsanspruch erhöhen können, haben Erben gehört, wissen aber nicht genau, wie der Pflichtteil oder der Ergänzungsanspruch zu berechnen sind.
Schwierigkeiten kann auch die Bewertung des Nachlasses aufwerfen, wenn er etwa vor dem Erbfall (mehr oder weniger gezielt) durch unentgeltliche oder teilweise unentgeltliche Verfügungen (sog. verdeckte Schenkungen) des Erblassers abgeschmolzen wurde. Diese Sachlage haben auch die Väter des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vorhergesehen und für diese Fälle einen Pflichtteilsergänzungsanspruch des um seinen gesetzlichen Erbanspruch Geprellten gegen den Erben oder gegen den Beschenkten vorgesehen.
Wenn die Schenkung mit der Absicht der Benachteiligung gesetzlicher Erben vollzogen wurde, ist sie auch mit den allgemeinen Regeln zu sittenwidrigen Rechtsgeschäfte angreifbar. Der Wert des Nachlass oder der verschenkten Sache wird oft nur mit Hilfe eines Sachverständigen zu klären sein. Bei der im Übrigen in hoch emotionaler Atmosphäre ablaufenden Geltendmachung der Pflichtteils und Pflichtteilsergänzungsansprüche stehe ich Ihnen mit meiner langjährigen Erfahrung gern zur Verfügung.
Der Pflichtteilsanspruch verjährt in der Regel nach drei Jahren ab Kenntnis aller pflichtteilsbegründenden Umstände.
Viele Ihrer Fragen werden sich im Rahmen einer Erstberatung beantworten lassen. Bitte zögern Sie nicht, einen Termin zu vereinbaren.